Uns allen sind Augenblicke der Achtsamkeit vertraut. Doch, was ist Achtsamkeit?: Die angespannte Aufmerksamkeit beim Erstellen einer Fotografie, die gut gelingen soll, das erschöpfte Glücksgefühl beim Erreichen eines langersehnten Ziels, die hohe Konzentration bei der Kreation eines mehrgängigen Menüs, mit dem wir brillieren wollen, beim vertieften Malen eines Bildes, dessen Entstehung uns fesselt und unsere ganze Kreativität und Fingerfertigkeit fordert oder gar bei der akribischen Deduktion eines spannenden Kriminalfalls nach Art des Sherlock Holmes?
„Gehe, wenn du gehst.
Sehe, wenn du siehst.
Höre, wenn du hörst.
Spüre, was du bist.“ (Buddhistische Weisheit)
Die hier gemeinte Form der Achtsamkeit bedeutet innehalten, meint ganz bewusst von Augenblick zu Augenblick das wahrzunehmen, was gerade ist und was den gegenwärtigen, lebendigen Moment so einzigartig macht. Die ganze konzentrierte Aufmerksamkeit gilt dem, was man in diesem unmittelbaren Moment denkt, fühlt oder ausübt. Sie ist gerichtet sowohl auf innere Prozesse als auch auf das jeweils äußere Umgebungsfeld.
Achtsamkeit hat darüber hinaus zwei Besonderheiten: zum einen wird dieses Obacht gebende Erleben von uns weder bewertet noch beurteilt, auch frieren wir uns nicht zurückblendend in Erinnerungen ein und verlieren uns auch nicht Pläne schmiedend in der Zukunft. Gedanken und Gefühle, die uns begleiten, werden aufmerksam betrachtet.
Wie kann man sich dem Thema Achtsamkeit nähern? Wir können lernen, auch stetig wiederkehrende und/oder ritualisierte Handlungen achtsam zu verrichten: das Zähne putzen, das Geschirr waschen, das Staub wischen, das Unkraut jäten oder Laub fegen, das Auto waschen oder den Gang zur Arbeit. Achten Sie hier auf die einzelnen Handhabungen, Ihre begleitenden Gedanken und Gefühle, nehmen Sie wahr mit all Ihren Sinnen. Welche Geräusche umgeben Sie? Welche Gerüche registrieren Sie? Von welchen Farben werden Sie umgeben? Wie fühlen sich die jeweiligen Materialien an?
Versuchen Sie immer dann, wenn Ihre Achtsamkeit dem Augenblick entschwindet, in den gegenwärtigen Moment zurückzukommen und in innerer Wachsamkeit Gedanken, Gefühle, Stimmungen, Körperempfindungen, innere Bilder und Impulse wahrnehmen, wohlwollend anzunehmen, ohne zu bewerten und nichts von alledem, was ist, sei es auch unangenehm, verändern zu wollen.
Diese Art von Achtsamkeit ist eine durchdringende Geisteshaltung, im Alltag gelebt für ein bewussteres und konzentrierteres Leben. Die nicht-wertende, annehmende Haltung, in der wir uns unserem Erleben zuwenden, fördert unser Gewahrsein, unsere Gedanken- und Gefühlsklarheit und trainiert die Fähigkeit, die Realität der Gegenwärtigkeit zu akzeptieren und anzunehmen und bewirkt ein tieferes Verständnis für uns selbst und für unsere gewohnheitsmäßigen Verhaltensweisen Achtsamkeitstraining.
Wir können die Achtsamkeit dabei auf unseren Körper richten, auf unseren Geist, auf unsere Seele, auf einfache alltägliche Verrichtungen wie das Zubereiten des Frühstücks, den Weg zur Arbeit, die mittägliche Pause, das Kaffeetrinken am Nachmittag.
Wir gewinnen all jene Augenblicke, die uns in einem Dasein ohne Achtsamkeit verloren gehen würden. Wir fühlen uns reicher, ausgefüllter, stärker und sicherer. Nach und nach fällt es uns immer leichter in angespannten und schwierigen Situationen wachsam, konzentriert und mit hoher Entscheidungskompetenz zu reagieren.
Achtsamkeit in diesem Sinne gehört zum Wesen der buddhistischen Meditation und ist zugleich das Kernelement des Achtsamkeitstrainings von Dr. Jon Kabat-Zinn.
Wenn du meinst, Glück und Frieden ließen sich woanders finden und du müsstest ihnen nachlaufen, kommst du niemals an dein Ziel. Erst, wenn du erkennst, dass Frieden und Glücklichsein hier und in diesem Moment gegenwärtig sind, bist du fähig, alle Anspannung loszulassen.
Im Alltag ist so viel zu tun, und es bleibt so wenig Zeit. Vielleicht fühlst du dich von alledem so bedrängt, dass du das Gefühl hast, unablässig auf Trab zu sein. Halt einfach an! Berühre die Tiefe des gegenwärtigen Moments, und du wirst mit der Freude und wirklichem Frieden in tiefer Berührung sein. Thich Nhat Hanh, aus: Geh-Meditation, S. 22
© Dr. Evelin Fräntzel
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